Kraut, Strauch, Baum: Wuchsformen von Pflanzen

Das Reich der Pflanzen ist ganz schön abwechslungsreich. Da gibt es neben zarten grünen Stängeln auch dicke Stämme, die über hundert Meter in den Himmel ragen können. Hierzulande wachsen die meisten Pflanzen krautig, als Strauch oder Baum. Um herauszufinden, was das bedeutet, schauen wir uns die unterschiedlichen Wuchsformen mal genauer an.

Eine erste Orientierung

Schaut man sich die verschiedenen Pflanzenfamilien im Gemüsebeet und Obstgarten an, so stellt man schnell fest, dass sich auch die einzelnen Vertreter einer Familie teilweise ganz schön voneinander unterscheiden können. Als gutes Beispiel dient die Familie der Rosengewächse: manche Arten wachsen als Sträucher wie die Himbeere, andere als Bäume wie der Apfel. Und die Erdbeere? Die muss irgendeine andere Art von grünem Gewächs sein.

Ganz grob kann man zwischen krautigen und verholzenden Pflanzen unterscheiden. Verholzende Pflanzen werden auch als Gehölze bezeichnet, zu ihnen gehören Sträucher, Bäume und Lianen. Krautige Pflanzen nennt man allerdings nicht Kräuter, da dieser Begriff ja schon etwas anderes bedeutet. Viele Kräuter sind krautige Pflanzen, manche verholzen jedoch auch teilweise im unteren Bereich (Rosmarin, Thymian, Salbei…); sie werden dann als Halbsträucher bezeichnet. Die genaue Grenze zwischen “krautig” und “verholzend” ist also oft nicht so eindeutig zu ziehen.

Halbsträucher im Kräuterbeet: unten holzig, oben krautig.

Krautige Pflanzen: grün hinter den Ohren

Alle Pflanzen wachsen sowohl in die Höhe als auch in die Breite. Das nennt man dementsprechend Höhen- und Dickenwachstum. Auch krautige Pflanzen weisen ein mehr oder weniger ausgeprägtes Dickenwachstum auf, doch sie kommen alle nicht über eine bestimmte “Dicke” hinaus. Bei ihnen setzt kein sogenanntes sekundäres Dickenwachstum ein, was den Stängeln nach und nach eine holzige, feste Struktur verleihen würde. Ihre Triebe bleiben also eher weich und instabil. Das heißt aber nicht unbedingt, dass krautige Pflanzen empfindlich sind - sie können durchaus mehrere Jahre alt werden.

Beispiele für einjährige krautige Pflanzen sind Mais, Salate oder Kürbisgewächse. Sie sterben im Herbst ab, sobald sie ihre Samen ausgebildet haben. Manche Pflanzen werden in unserem Klima einjährig kultiviert, obwohl sie unter anderen Bedingungen auch älter werden könnten, z. B. die Tomate.

Die dicken Stängel der Zucchini können imposante turmartige Strukturen bilden, doch im Herbst geht die Pflanze ein.

 

Zweijährige krautige Pflanzen sterben im Winter nicht ab und begleiten uns zwei Gartenjahre lang. Beispiele sind Möhren und Fenchel, die meistens schon im ersten Jahr geerntet werden, aber erst im zweiten Jahr blühen würden. Auch Lauch, Petersilie und Kohl sind zweijährig. Alle diese Pflanzen benötigen die Kälte des Winters für ihre Samenbildung im nächsten Jahr.

 

Mehrjährige Pflanzen werden, wie ihr Name schon verrät, mehrere Jahre alt. Aber Achtung, hier wird es verwirrend: die Erdbeere wird ebenfalls mehrere Jahre alt, zählt aber botanisch gesehen nicht zu den mehrjährigen Pflanzen, weil sie jedes Jahr aufs Neue blüht und Früchte trägt. Mehrjährige Pflanzen blühen, im botanisch korrekten Sinne, nur ein einziges Mal und sterben danach ab. Sie kommen aber in unseren Gemüsebeeten und Obstgärten nicht vor.

Die Erdbeere ist also im umgangssprachlichen, gärtnerischen Sinne mehrjährig. Die botanische Bezeichnung ist ausdauernd. Ausdauernde krautige Pflanzen nennt man Stauden.

Erdbeeren werden auch als Dauerkultur bezeichnet, da sie mehrere Jahre am gleichen Standort wachsen.

Verholzende Pflanzen: schön stabil

Die verholzenden Pflanzen sind alle ausdauernd. Das heißt, sie werden sowohl mehrere Jahre alt und blühen und fruchten auch meist jedes Jahr. In dieser Kategorie unterscheidet man zwischen den Halbsträuchern, Sträuchern, Bäumen und Lianen.

 

Halbsträucher

Halbsträucher wissen nicht so richtig, was sie wollen. Oder kombinieren sie womöglich das Beste aus krautigen und verholzenden Pflanzen: oben frisches Grün und unten schön stabil? Auf jeden Fall stehen sie irgendwo zwischen diesen beiden Wuchsformen. Typische Beispiele sind Thymian, Rosmarin, Lavendel oder Salbei, die mit den Jahren im unteren Bereich immer kahler und holziger werden. Mit regelmäßigen Schnitten kann man etwas gegensteuern und die Pflanzen zu einem buschigeren Wachstum anregen.

Himbeeren oder Brombeeren wachsen auch als Halbsträucher, obwohl sie bei der waagerechten Unterteilung “unten Holz und oben Grün” nicht mitmachen. Alle Triebe verholzen mit den Jahren irgendwann komplett. Da die Pflanzen jedoch jedes Jahr ganz frische, neue Triebe bilden, sind sie sozusagen senkrecht in krautig und verholzt unterteilt.

Im Frühjahr treiben die frischen Triebe der Himbeere aus. Die alten, verholzten Triebe tragen keine Früchte mehr und müssen weichen.

 

Sträucher

Sträucher zeichnen sich dadurch aus, dass sie keinen “Hauptstamm” besitzen, sondern viele einzelne Stämme, die sich weiter verzweigen. Außerdem sprießen in Bodennähe immer wieder neue verholzende Triebe nach. Es gibt kleinbleibende und eher gedrungene Sträucher, aber auch sehr hohe. Viele Arten eignen sich gut als Gehölz für eine Hecke.

Strauch und Busch bedeuten übrigens das gleiche, wobei man eher von einem Busch spricht, wenn ein Strauch rund wächst - buschig eben.

 

Bäume

Was ein Baum ist, weiß man ja eigentlich… der Vollständigkeit halber hier trotzdem ein paar interessante Infos. Beim Baum kommen wir auf den Begriff sekundäres Dickenwachstum zurück. Das weisen zwar alle verholzenden Pflanzen auf, doch der mächtige Stamm eines Baumes mit all seinen Jahresringen ist wohl das beste Beispiel hierfür. In jedem Jahr, also während jeder Wachstumsperiode, bildet der Stamm eine neue Schicht, die mit der Zeit verholzt. Schneidet man den Stamm in Scheiben, kann man diese Schichten zählen und weiß genau, wie alt der Baum war.

Ein Baum wächst aber auch imposant in die Höhe und verzweigt sich erst recht weit oben. Die Äste in der Baumkrone werden auch von Jahr zu Jahr dicker und treiben an ihren Spitzen neu aus.

In den meisten Pflanzenfamilien kommen auch Bäume als Wuchsform vor. Bei einigen Familien aus unseren Gärten, die wir alle in einem extra Artikel vorstellen, sind Bäume jedoch keine Mitglieder: bei den Lauch-, Kürbis- und Fuchsschwanzgewächsen sowie den Doldenblütlern.

In manchen Jahren wächst ein Baum mehr, in anderen weniger: die Jahresringe sind dann unterschiedlich breit.

 

Werfen wir noch einen kurzen Blick auf weitere Begrifflichkeiten. Es gibt neben den natürlichen Wuchsformen von Pflanzen nämlich auch noch Zuchtformen. Beim Baum unterscheidet man da zum Beispiel, wie groß er wird und in welcher Höhe seine Krone beginnt. Ein Apfelbaum kann für den Privatgarten so gezüchtet sein, dass seine Krone recht weit unten beginnt - praktisch für eine einfache Ernte, man spricht dann von einem Halbstamm. Höhere Kronen benötigt man hingegen, wenn man eine ganze Obstwiese bewirtschaftet und unter den Bäumen gemäht werden muss. Wieder andere Zuchtformen findet man auf Apfelplantagen, in denen die Bäume als Säulen oder Spindel wachsen. Der Vorteil: viele Apfelbäume auf wenig Raum.

Auf Plantagen sind schlanke Säulenäpfel praktisch. Es gibt sogar kleinbleibende Sorten für Balkon und Terrasse.

 

Lianen

Liane klingt nach Urwald und tropischem Dschungel, doch tatsächlich wird der Begriff auch als Wuchsform für Pflanzen verwendet, die bei uns gedeihen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen verholzenden Stamm besitzen und an Gerüsten, Hauswänden oder natürlich auch anderen Pflanzen in die Höhe wachsen. Dabei klettern sie mit Hilfe von Trieben oder winden sich kreisförmig nach oben. Der bekannteste Vertreter hierzulande ist wohl der Wein: ganze Hauswände können unter seinem Laub verschwinden, wenn er nicht zurückgeschnitten wird. Wilder Wein klettert oft Bäume empor.

Botanisch gesehen sind übrigens Erbsen und Stangenbohnen ebenfalls Lianen. Das ist etwas verwirrend, da sie auch als krautig beschrieben werden. Die Abgrenzung ist hier nicht ganz eindeutig. Auch Brombeeren können in freier Wildbahn als Lianen wachsen und lange Triebe bilden, die bis in hohe Baumkronen wandern können. Aber keine Sorge, unsere Bloomify Brombeere wächst brav als nicht-rankender Halbstrauch.

Sie macht sich auf den Weg: Weinreben klettern als Lianen Gerüste empor.

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